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Noch mal was schaffen

rentnergang kreuz nachtsheim foto gerharz KopieAn der historischen Gemarkung „Auf der Kirche“ errichtete die Seniorengruppe „Wirken statt welken“ aus Nachtsheim ein Kreuz. Foto: Franz-Josef GerharzIn zahlreichen Eifeldörfern gibt es seit Jahren Freiwilligeninitiativen von Senioren und Rentnern, die sich um ihr Heimatdorf verdient machen wollen. Sie packen an, werkeln, bauen, pflegen. Für die Allgemeinheit, und weil sie sich noch fit genug dafür fühlen. Sie wollen noch mal was schaffen – Zeit für geselliges Beisammensein gehört natürlich dazu.

In vielen Dörfern gibt es Rentnergangs. Meist sind sie ab Mitte 60, aber sogar bis Mitte 80 Jahre alt. Sie wollen sich nicht etwa in einem offizielle Heimat- oder Ortsverschönerungsvereinen engagieren, dafür ist ihr Dorf vielleicht auch viel zu kleine. Sie wollen vor allem aber eher inoffiziell und flexibel bei den Aufgaben sein, die sie gerne übernehmen.

Aktive Rentner vor Ort für den Ort – das, so etwa Martin Schmitt, Ortsbürgermeister von Nachtsheim in der Verbandsgemeinde Vordereifel im Landkreis Mayen-Koblenz, „sei für die Ortsgemeinden einfach Gold wert!“ Weil das der Steuerzahlerbund Rheinland-Pfalz ähnlich sieht, hat er 2109 die in Hillesheim vor 17 Jahren gegründete „Seniorengruppe“ mit dem symbolischen „Spar-Euro“ geehrt.

Damals hatten die hier aktiven 15 Senioren schon nachweislich mehr als 6000 ehrenamtliche Arbeitsstunden für ihre Heimatstadt abgeleistet. Nach Berechnungen der Stadtverwaltung wurden so schon rund 160.000 Euro gespart. Etwa für die Herrichtung eines Spielplatzes, den Umbau und die Modernisierung der alten Markthalle, den Freischnitt der mittelalterlichen Stadtmauer, des Wahrzeichens von Hillesheim, oder die Anlegung eines Boule-Platzes und anderes mehr.

"Wir wollen einfach die Stadt schöner machen" (Bernd Schlösser, Hillesheim)

„Wir möchten mit der Auszeichnung auch Anreize für andere Gemeinden schaffen, ähnliche Projekte anzustoßen“, betont René Quante vom Steuerzahlerbund zur Auszeichnung. Eine schöne Anerkennung – doch dass es dessen nicht bedurft hätte, ist für Bernd Schlösser, 81, neben dem verstorbenen Klaus Blech einer der Mitgründer der Hillesheimer „Seniorengruppe“ klar. Der „lockere Haufen“, wie Schlösser ihn nennt, wolle einfach „die Stadt schöner machen und es geht uns um das Gesellige dass man sich trifft“.  Das tun die Hillesheimer Senioren, so Jürgen Mathar, bis zur kürzlichen Pensionierung Bauingenieur bei der Verbandsgemeinde Gerolstein, in der Regel in ihrer Stammkneipe im Hillesheimer „Krimihotel“.

rentnergang 3 hillesheimIn Hillesheimm legte die „Seniorengruppe“ eine Seilbahn auf dem Spielplatz am Schulzentrum an. Foto: Jürgen MatharBevor sie dann zum freiwilligen Arbeitseinsatz ausrücken steht hier wie bei allen Seniorengruppen in den Eifeldörfern fest: Das Material, das sie brauchen, stellt die Verwaltung. In diesem Jahr in Hillesheim zum Beispiel für den Bau von Sozialräumen für die Bauhofmitarbeiter.

Die sind dabei nicht die natürliche Konkurrenz für die Initiativen, sondern die Rentnergangs nehmen ihnen eher Arbeiten ab. „Das ist auch bei uns so“, meint Otto Engel, Leiter der 2016 gegründeten „Aktivengruppe Leudersdorf“ im nördlichen Zipfel der Verbandsgemeinde Gerolstein. Elf Rentner – von Mitte 60 bis Anfang 80 auch hier - packen zwischen März und Oktober einmal im Monat an. Das gebe es in einigen Nachbardörfern doch auch, meint Engel.

rentnergang leudersdorf otto engel Kopie„Das ist in vielen Eifeldörfern machbar. Die Leute sind da!“ Davon ist Otto Engel überzeugt. Er gründete eine Seniorengruppe in seinem Heimatdorf Leudersdorf. Eine neue Küche im Bürgerhaus wurde von ihnen schon eingebaut, ebenfalls das Spielgerät auf dem Kinderspielplatz im Dorf repariert, nach der Hochwasserkatastrophe im unweit im Ahrtal gelegenen Ahrdorf  geholfen – vor allem haben sie sechs Weihnachtsbuden für den alle zwei Jahre stattfindenden Weihnachtsmarkt gebaut. „Da sind wir besonders stolz drauf. Vier waren in einer Woche fertig“, so Engel. Die Buden sind so begehrt, dass sie schon mehrfach in die Nachbarschaftsdörfer verliehen wurden.

„Wir gehen auf die 1000 Arbeitsstunden zu“, schätzt Engel, auch wenn man das bisher Geleistete noch nie nachgerechnet habe. Aber was fürs Dorf tun, das können sie in Leudersdorf auch deshalb gut und gerne, weil unter den aktiven Rentnern „Handwerker aus vielen Gewerken sind, typisch für diese Generationen, “ so Engel. Typisch auch für Rentnergruppen andernorts in der Eifel.

Engel ist sich sicher: „Solche Initiativen kann es in vielen Eifeldörfern geben, die Leute sind überall da! Wenn die Dorfgemeinschaft aber zerstritten ist, dann wird es schwieriger, eine solche Gruppe zu gründen.“

In diesem Jahr wollen die Leudersdorfer unter anderem einen Rastplatz an der Eifelsteigetappe bauen, die durch das Gemeindegebiet von Üxheim und Leudersdorf führt. Dafür wollen sie Gelder über das zuständige Leader-Büro beantragen. Und damit es nicht nur beim gemeinsamen Arbeiten bleibt, soll 2022 – nach zweijähriger Corona bedingter Pause – auch wieder der traditionelle Jahresausflug stattfinden. Auf Wunsch der Aktiven ging es zuletzt 2019 zur Loreley. Dazu kommt mindestens einmal pro Jahr ein zünftiges Grillfest für Helfer und Familien. Mitfinanziert wird das alles von Spenden oder auch Leihgebühren für die Weihnachtsbuden.

Ob in Niederehe in der Vulkaneifel, in Feusdorf bei der Oberen Kyll, ob in Herforst in der Verbandsgemeinde Speicher in der Südeifel oder in Abenden bei Nideggen in der Rureifel: Überall helfen Senioren ihrer Gemeinde so Geld zu sparen. Auch in Rieden in der Verbandsgemeinde Mendig im Landkreis Mayen-Koblenz war das zwischen 2010 und 2021 der Fall. Dann löste sich die Gruppe auf. „Also sind wir eingesprungen. Wir kümmern uns wenigstens um die Pflege der Grünanlagen im Dorf“, ist Marie-Therese Weiler wohlgemut. Sie ist Sprecherin der Rentnerinnengruppe „Helfen macht glücklich!“

"Manchmal könnte die Gemeinde das gar nicht selber machen. Wir müssten der Auftrag extern vergeben" (Andreas Doll, Ortsbürgermeister Rieden)

Auch wenn es eher kleinere Arbeiten sind, die die Riedenerinnen der Gemeinde abnehmen, grundsätzlich gilt für alle vergleichbaren Ehrenamtlerinitiativen: „Manchmal könnte die Gemeinde das gar nicht selber machen. Wir müssten den Auftrag extern vergeben“, so Ortsbürgermeister Andreas Doll.

rentnergang gerharz nachtsheim Kopie„Die stehen hinter dem, was sie tun!“ Franz-Josef Gerharz gründete die Seniorengruppe „Wirken statt welken“ in Nachtsheim. Ähnlich sieht das Hans-Josef Gerharz von der Rentnertruppe „Wirken statt welken“ im 574-Einwohner Dorf Nachtsheim in der Verbandsgemeinde Vordereifel im Landkreis Mayen-Koblenz.  Vor zehn Jahren wurde die Gruppe gegründet, in der 18 Nachtsheimer zwischen Mitte 60 und 82 Jahren dabei sind „Der Stolz auf das Dorf“, sei dabei ein ganz zentrales Motiv sich zu engagieren, ist sich Gerharz sicher. „Die wollen was schaffen! Und die Anerkennungskultur ist dabei nicht ganz unwichtig.“

Das, was der Gemeindearbeiter zu tun hat, ist dabei auch in Nachtsheim nicht Sache der Helfer. Man übernehme vielmehr das, „was nicht getan würde, wenn wir nicht da wären“, so Gerharz zum Grundsätzlichen.

Er spricht die ins Rentneralter kommenden Mitbürger im Dorf einfach direkt an, ob sie Lust haben, mitzumachen. Man kenne sich ja im Dorf, das sei eigentlich nicht weiter schwierig, so seine Erfahrung. Wer dann dabei ist, der hat die Grundeinstellung, „dass wir noch was bewegen wollen! Wir sind noch zu fit um nur noch Türchen zu machen und Verzällcher zu halten.“ Eben „Wirken statt welken“. Viele Handwerker, dazu Beamte – wie Gerharz selbst - und im Öffentlichen Dienst Angestellte sind bei „Wirken statt Welken“, dabei. Gerade die gelernten Handwerker sehen dabei beim Arbeitseinsatz auch die Chance, mal zu zeigen, welche Maschinen sie noch zum Einsatz bringen können. Ein bisschen Eitelkeit für eine gute Sache. Wichtiger ist, „dass sie alle hinter dem stehen, was sie dann tun“, so Gerharz.

Geschafft wurde so schon einiges. Mit dem „Corona-Projekt“ des zwölf Kilometer langen Familienwanderweges „Strühmanns-Pettje“ haben es die Nachtsheimer Senioren sogar in die Liste der lobenswerten Initiativen und Freizeitangebote der neuen „Familienkarte“ des rheinland-pfälzischen Familienministeriums geschafft: Entlang des „Strühmännchen“-Logos geht es etwa zu einem „Lebenssturm“, kleinen Wassertümpeln, einem „Sandarium“ oder Insektenhotels. Wildblumenwiesen wurden angelegt, auf dem „Heinzelmännchen-Berg“ finden Kinder eine Spielhöhle, Familien eine Kochstelle. Es gibt Sonnenliegen, einen Kletterbaum, ein Jongliergerät oder auch ein Waldxylophon.

Schon vor 13 Jahren wurde der Seniorenarbeitskreis Waldorf gegründet.

Weiter Richtung Rhein und fast schon aus der Eifel hinaus ist im idyllischen Waldorf, der 897-Einwohner Ort war schon mehrfach unter den Preisträgern des Wettbewerbs „Unser Dorf soll schöner werden“, der vor 13 Jahren gegründete „Seniorenarbeitskreis“ ein weiteres beeindruckendes Beispiel für ehrenamtliches Engagement von Unruheständlern. Auch hier gilt: Einer muss mehr oder weniger die Verantwortung für alles Organisatorische übernehmen. Auch wenn er deshalb „nicht der Boss ist“, lacht Werner Krupp. Der 70-Jährige war über 20 Jahre lang Leiter der Bauabteilung der Verbandsgemeinde Bad Breisig in diesem südlichsten Zipfel des Landkreises Ahrweiler.

rentnergang 1Blick auf den Ortskern von WaldorfIn Abstimmung mit der Gemeinde wird auch hier das gute Dutzend der Senioren – zwischen 65 und 84 Jahre alt - aktiv. Das Arbeitsmaterial wird bezahlt, es wird überlegt, was an Maschinen nötig ist, es werden Arbeitspläne aufgestellt, Gruppen eingeteilt. An die 5000 Arbeitsstunden haben die Waldorfer Senioren seit 2009 so schon abgeleistet. Es wurden Brücken saniert, etwa 2020 und 2021 neue Buswartehäuschen gebaut, Wanderparkplätze entlang der „Eifelleiter“ (Ein Mehrtageswanderweg von Bad Breisig zur Hohen Acht) im Gemeindebezirk angelegt, Brandschutzmaßnahmen im Waldorfer Kindergarten eingebaut, Spielplätze saniert, oder auch eine große überdachte Sitzgruppe mit Relax-Bank gezimmert. Mittlerweile müssen um die 50 Einzelobjekte regelmäßig gewartet und bei Bedarf ausgebessert werden.

„An die 5000 Arbeitsstunden, das sind umgerechnet bei einem reinen Arbeitsstundenlohn von sagen wir 50 Euro rund 250.000 Euro, die die Gemeinde dank unserer Arbeit bisher schon gespart hat“, staunt Werner Krupp sogar selbst, wenn er die Rechnung aufmacht.

rentnergang relaxliege waldorf foto innoy KopieFür den überdachten Rastplatz mit Relaxliege bekam der „Seniorenarbeitskreis“ Waldorf einen Zuschuss von 2000 Euro vom Energierversorger innogy. Foto: innogyDas Erfolgsrezept auch hier wie andernorts: „Die, die dabei sind, wollen etwas für ihr Heimatdorf tun“, so Krupp, „und von den Charakteren passen die auch alle gut zusammen“. Unter den Aktiven auch hier viele Handwerker die, so waren sie es vermutlich während ihres aktiven Berufslebens gewohnt, Wert auf Ordnung und Lagerhaltung legen. Also hat sich der Waldorfer Seniorenarbeitskreis vor kurzem einen eigenen Lagerschuppen mit Maschinenabstellplatz gebaut, eine Mischung aus Bauhof und Werkstatt.

Zwischen 2019 und 2021 bekamen die ehrenamtlichen Idealisten aus Waldorf im Kreis Ahrweiler für ihre Arbeit sogar Zuschüsse: Drei mal 2000 Euro aus dem „Mitarbeiter vor Ort“-Fonds des Energieversorgers innogy/Westenergie, einer Tochter der RWE.

Doch selbst wenn es diese Gelder nicht geben würde –  Senioreninitiativen und Arbeitsgruppen wie in Waldorf, Nachtsheim, Leudersdorf oder Hillesheim können Zuschüsse für ihre Projektarbeit aus den unterschiedlichsten Töpfen beantragen: Der Gerolsteiner Mineralbrunnen schreibt regelmäßig Kleinprojekteförderung unter dem Titel „Team mit Stern“ aus.

In Nordrhein-Westfalen gibt es deshalb den „Heimatscheck“, die einzelnen Leader-Regionen in der Eifel haben ebenfalls Zuschussmöglichkeiten für kleinere Vorhaben. Nicht zuletzt gibt es die Anerkennung durch entsprechende Preise auf Kreis- und Landesebene etwa in Rheinland-Pfalz. 

Text/Fotos: Stefan Lieser