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Sitz der Raubritter

aufmacherEine der schönsten Ansichten eines Burgortes in der Eifel: Reifferscheid bei Nacht. Foto: EiltecIn der Eifel gibt es nur noch wenige erhaltene mittelalterliche Berg-Tal-Siedlungen mit der Burg auf dem Bergsporn oben auf. Der historische Burgort Reifferscheid streitet sich in der Nordeifel mit Wildenburg und Kronenburg um den Titel des schönsten im Land.

Was für eine Skyline! Seit vor einigen Jahren der Bewuchs im oberen Teil des Burgberges von Reifferscheid beseitigt wurde, ist der Blick auf den historischen Burgort, vor allem wenn man von Südosten kommt, wieder frei. Und die Nordeifel hat eine der schönsten Ansichten, die schon Eifel-Maler wie Fritz von Wille begeisterten, wieder.

alte ansichtDa war die Burg ein prachtvolles Barockschloss, wenn sich der Künstler auch viel kreative Freiheit gönnte. Aquarell von 1793 von P.S.C. Eveldt. Archiv Eifelverein ReifferscheidAm 1479 erbauten „Liebfrauenhof“ im Tal am Reifferscheider Bach, um einige Gebäude erweitert seit 2004 eine Einrichtung der Corsten Jugendhilfe GmbH, war einst der Witwensitz der Gräfinnen von Reifferscheid. Hier kann man in Erinnerung an Fritz von Wille einen Besuch im malerischen Burgort beginnen. Denn nach ersten Jahren von 1900 bis 1905 im „Haus Friedrichsruh“ hatte der bekannte Eifel-Maler von 1908 bis 1911 im „Liebfrauenhof“ seine Sommerresidenz, bevor er die Burg Kerpen in der Vulkaneifel kaufte.

Hier unten im Tal ist der 470-Einwohnerort eigentlich ein ganz normales Dorf. Es gibt einige wenige Betriebe, die Arbeitsplätze bieten, etwa eine Schreinerei und zwei Heizungsbauer, ein Autohaus und einen Reise- und Busunternehmer, dazu Selbstständige wie einen Versicherungsmakler. Doch das Gros der berufstätigen Reifferscheider und Reifferscheiderinnen pendelt ins nahe Blumenthal und Hellenthal, oder weiter das Oleftal abwärts bis nach Gemünd, wenn nicht sogar bis in die Städteregion oder Richtung Euskirchen.

Auffällig für einen so kleinen Ort ist anderes: Eine Grundschule, ein Kindergarten. Man hat traditionell eine gewisse Grundversorgungsfunktion für die umliegenden Dörfer. Und auch die Zahl der gastronomischen Betriebe ist ungewöhnlich hoch: Immerhin gibt es noch zwei Gaststätten und ein Café. Das deutet schon auf „Höheres“ hin, und deshalb kommen schließlich sogar ganze Busreisegruppen nach Reifferscheid: Sie interessieren sich weniger für den Ort im Tal als für den historischen Burgort darüber.

Die Straße hinauf, genauer über den "Talberg", geht es zum wuchtgten Matthiastor.

Hinauf geht es entweder per PKW oder Wanderer über Hönningen, oder direkt aus dem Ort steil hoch über die Burgstraße, die bei den Reifferscheidern seltsamerweise nur „Talberg“ genannt wird. Und dann steht man schon vor dem wuchtigen Matthiastor, im Kern aus dem 14. Jahrhundert, ein zweigeschossiger Bau mit zwei vorspringenden Wehrtürmen. Die Figur des Pfarrpatrons Matthias thront über dem gebogenen Toreingang. Im Tor hängt eine große Übersichtskarte mi den exakt vier kleinen Gassen, einem „Zwischenschritt“, kleinen Plätzen und der Burgruine. Erstellt hat auch den begleitenden Flyer die Ortsgruppe des Eifelvereins.

reifferscheid matthiastor KopieDas Matthiastor ist der traditionelle Haupteingang zum Burgort Reifferscheid. „Wir haben uns die Pflege der Burg, natürlich ein Wanderangebot und der Markierung der Wanderwege von rund 40 Kilometren, aber auch den Weihnachtsmarkt im einstigen Wirtschaftshof des vormaligen Burgzwingers auf die Fahnen geschrieben“, so Paul Joachim Schmülling, Presse- und Medienwart der schon 1908 gegründeten Ortsgruppe.

Mit ihm führt die Runde nun über altes Grauwacke-Kopfsteinpflaster, dass Manche angesichts der umgebenden Kulisse als mittelalterlich einstufen. Was es aber nicht ist, so Schmülling, „eher aus den 1970er oder 1980er Jahren, auch wenn es natürlich hier schon immer eine solche Pflasterungen gegeben hat.“

reifferscheid freiheit 1 KopieSchnell fällt der Blick nun auf ein merkwürdiges Emaille-Straßenschildchen an der Fassade eines ersten der vielen unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes des Burgortes: „In der Freiheit“ heißt die Gasse, die zwischen äußerem und inneren Befestigungsring verläuft und von der der „Zehntweg“, von ihm wiederum später das „Marktgässchen“ zum Marktplatz abgeht.

„Freiheit“ meint die Gewährung besonderer Privilegien und Rechte, die die Burgherren den „bürgerlichen“ Bewohnern im Burgort gewährten. Der Schutz von Mauern und Toren – im mittelalterlichen Burgort Reifferscheid gab es zwei, dazu zwei Zwingeranlagen zwischen den beiden Burgberingen, die mächtige, heute nur noch in den Fundamenten erkennbare Schildmauer und einst vor dem Matthiastor einen Halsgraben mit Zugbrücke – war allerdings nicht uneigennützig. Es war wichtig für den Verteidigungsfall auch innerhalb der Burg genügend Männer unter Waffen stellen zu können.

reifferscheid zehntweg pfarrkirche KopieBlick auf die Pfarrkirche durch den Zehntweg. Die heutige Bebauung zum Beispiel „In der Freiheit“ stammt in den ältesten Teilen aus dem 17.  Jahrhundert, als die Wehrummauerung ihre fortifikatorische Bedeutung verloren hatte. Kurioserweise wurden so auch zwei ehemalige Halbschalenwehrtürme zu Teilen der Wohnbebauung. Integriert ist so auch das Osttor aus dem 16. Jahrhundert. Das linke Wohnhaus daneben war bis 1920 Werkstatt der Reifferscheider Orgelbauerdynastie Gebrüder Müller. Ihr noch erhaltenes Wohnhaus steht zwei Häuser weiter am Übergang zum Marktplatz. 

reifferscheid paul joachim schmuelling KopiePaul-Joachim Schmülling. „Ab 1924 bis in die 1960er Jahre war das ehemalige Werkstattgebäude der Müllers eine Jugendherberge, ich habe selbst drin übernachtet“, schmunzelt Paul Joachim Schmülling. Auf dem Dach steht noch die gusseiserne Wetterfahne mit dem Jugendherbergslogo. 40 Plätze bot das Heim im barocken Torgebäudeanbau, in den Sommermonaten wurde die Zahl der Übernachtungen durch Zeltlager auf den Freiflächen des ehemaligen Zwingergeländes innerhalb der Vorburg leicht vervielfacht. Reifferscheids Burgruinenromantik war zur beliebten Ferienadresse für junge Menschen geworden.

Zwischenstopp an der Aussichtsbank vor dem Osttor mit dem freien Blick auf das Dorf im Tal und jenseits die Kupferhardt, zu der, entlang eines schönen Kreuzwegs, die neue „Eifelschleife Auf den Spuren der Raubritter“ führt. „Seit vor 20, 30 Jahren die vorher durch den Ort führende Landstraße L17 an den Bach verlegt wurde hat sich Reifferscheid deutlich vergrößert“, so Paul Joachim Schmülling. Seitdem sei es zunehmend ein Thema geworden auch den freien Blick auf den Burgort mit Bergfried und Pfarrkirche zu haben.

Und dann kommt das Gespräch auf das traditionell große ehrenamtliche Engagement der Bevölkerung in den Vereinen des Ortes. Die Löschgruppe der Feuerwehr, die Schützenbruderschaft, der VFL Reifferscheid, die KG rot-weiß Reifferscheid, der Orgelbauverein St. Matthias: Das sind einige der rührigen ehrenamtlichen Vereinigungen im Ort.

reifferscheid eingang vorburg KopieDer Zugang über den Zehntweg zu ehemaligen Lagerhäusern und Stallungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert mit der Vorburg im Hintergrund. Der Rentnerverein „Heinzelmännchen“, der sich nach dem Kölner Vorbild genannt hat, gehört ebenfalls dazu. Der Verein plant die Wiederanlage der drei historischen Fischteiche nahe der Burg. Die hätten für die Bevölkerung einst eine große Bedeutung gehabt, so Schmülling, „im Jahreskreis gab es früher 100 Tage, an denen nur Fisch als warme Mahlzeit gegessen wurde, also nicht nur an allen Freitagen.“ Zudem haben die „Heinzelmännchen“ unten im Ort einen neuen Dorftreffpunkt geschaffen, sie kümmern sich um die Pflege des kommunalen Grüns und vor allen Dingen bieten sie den Senioren Fahrdienste etwa zu Ärzten oder ins Rathaus in Hellenthal an.

Die Eiche auf dem kleinen Marktplatz pflanzte der Musikverein 1893.

Nun geht es mit Schmülling aber weiter zurück „In die Freiheit“, an repräsentativen mit Schiefer verkleideten Häusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert vorbei zum Marktplatz. „Den müssen Sie sich bis zum Brand 1830 eng umbaut und also viel kleiner als heute vorstellen“, so der Reifferscheid-Führer. Alt ist hier alles, bis zur 1893 vom Musikverein Harmonie Reifferscheid in seinem Gründungsjahr gepflanzten Eiche am Marienbrunnen, der seit Jahrhunderten Wasser spendet.

reifferscheid marienbrunnen marktgaesschen marktplatz KopieDer Marienbrunnen. Am Marktplatz fällt der Blick nun unweigerlich auf die aufwändige vielgestaltige Architektur der direkt an die äußere Mauer gebauten Pfarrkirche St. Matthias. 1130 wurde erstmals eine „bei der Burg gelegenen Kapelle“ urkundlich erwähnt, die ihr heutiges Erscheinungsbild im Wesentlichen umfangreichen Um- und Erweiterungsarbeiten der Spätgotik ab 1486, sowie im Außenbereich durch Anbauten und Dachveränderungen einer großen Renovierung von 1865-1867 verdankt. 1980 wurde noch ein neuer Fußboden mit Blaustein aus Ostbelgien verlegt.

Alles das ist nachzulesen in mehreren Publikationen, die es zum Burgort gibt. Anderes nicht: 50 Cent will die Pfarrgemeinde St. Matthias Reifferscheid überraschend vom Besucher des Gotteshauses. Bitte einwerfen! Mit dem Geld werden zehn Minuten Innenbeleuchtung sowie begleitende geistliche Musik vom Band geboten. Eine Investition, die sich lohnt, wie sich zeigen wird.

Denn nun wirkt mit der Illumination des Inneren die eindrucksvolle Höhe des Mittelschiffs der dreischiffigen Pfarrkirche mit verschiedenen Gewölbenetzen umso mehr. Paul Joachim Schmülling führt zum rechten Seitenaltar: Hauptschmuck ist eine Kopie von Rubens „Lanzenstich“, das Original hängt im Königlichen Museum von Amsterdam. Die Reifferscheider Fassung ist um zwei Stifterporträts im Vordergrund ergänzt: Graf Erich-Adolph, der von 1639 bis 1713 regierte und seine erste Gattin Gräfin Magdalene von Hessen-Kassel knieen in Andacht. Sind sie auch in der Pfarrkirche beigesetzt?

Durch Zufall entdeckte man bei Bauarbeiten in der Pfarrkirche die gräfliche Grablege.

Das war und ist nach wie vor unklar. Nur durch einen Zufall entdeckte man bei Malerarbeiten im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts im Chorrraum der Kirche die bis dahin unbekannte Grablege der Grafen von Reifferscheid. Eine Gerüststange sank in den Boden ein. Sie hatte das Gewölbe der Gruft durchstoßen. Die dort gefundenen Särge waren allerdings fast vollständig geplündert.

Vom Vorplatz der Pfarrkirche geht es nun den gepflasterten Weg hinauf zur in den Grundmauern spätgotischen Vorburg mit ihrem Durchgang zum ehemaligen Zwinger vor dem erneut ummauerten Burggelände. Neben der Vorburg säumen vermutlich aus dem 17. Jahrhundert stammende einstige Wirtschaftsgebäude, die heute zu Wohngebäuden umgebaut worden sind, den hier verlaufenden Zehntweg.

reifferscheid bergfried KopieBlick auf den Bergfried vom Toreingang zum eigentlichen Burggelände. Der führt logischerweise zur ehemaligen Zehntscheune, heute das einzige Café des Burgortes. Daneben ist eine schöne Terrasse mit Ausblick auf die schiefergedeckte Wetterseite der Pfarrkirche unterhalb, das Tal des Reifferscheider Baches und die umliegenden Höhen.

Zuvor öffnet Paul Joachim Schmülling die Tür zur Vorburg, dem Vereinslokal der Eifelvereinsortsgruppe. Die Vorburg kann für Festlichkeiten angemietet werden und ist auch Standesamt der Gemeinde Hellenthal.

reifferscheid angstloch bergfried KopieDas "Angstloch" im Bergfried.Im Treppenhaus zieren drei Urkunden Wand und Nischen: 1991 gewann Reifferscheid im Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“, der später in „Unser Dorf hat Zukunft“ umbenannt wurde, die Goldmedaille im Landeswettbewerb; ein Jahr später auf Bundesebene die Silbermedaille. 2013 wurde die Ortsgruppe des Eifelvereins mit der vom Bundespräsidenten verliehenen „Eichendorff-Medaille“ für Verdienste um die Heimatpflege ausgezeichnet.

Durch ein drittes Tor betritt man endlich das eigentliche Burggelände. Hier stand einst erst eine gotische Höhenburg, danach ein Renaissanceschloss, schließlich eines aus dem Barock mit vier Türmen. Der Pallas soll in der Größe dem der Burg Nideggen geähnelt haben, heißt es.

Vom einzigen Pallas hingegen ist nur der zweischiffige kreuzgratgewölbte Keller erhalten. Er wurde mit dem alten Boden aus der Pfarrkirche und anderem mehr durch „Hand- und Spanndienste“ (Schmülling) der Reifferscheider Vereine wohnlich gemacht. Beim Weihnachtsmarkt, den der Eifelverein am ersten Adventwochenende ausrichtet – 2020 und 2021 musste er Pandemie bedingt abgesagt werden – stellen hier Kunsthandwerker ihre weihnachtlichen und andere Produkte aus.

Unübersehbares Überbleibsel alter Reifferscheider Machtarchitektur ist hingegen der rund 20 Meter hohe machtvolle Bergfried, bis heute das Wahrzeichen Reifferscheids. Er muss von den umliegenden Höhen aus wie eine unüberwindbare Talsperre gewirkt haben. Auf der Spitze des Turms wird mehrfach im Jahr der Schmuck verändert: In der Adventszeit leuchtet in der Nacht ein beleuchteter Stern, in der Fastenzeit steht hier ein Kreuz, ansonsten weht die Fahne mit dem Wappen derer von Reifferscheid im Wind.

Der Bergfried überstand auch den verheerenden Großbrand 1669, ausgelöst angeblich durch die Unachtsamkeit von Soldaten, bei dem neben dem alten Schloss Teile der Pfarrkirche und der Wohnhäuser zerrstört wurden. Danach entstand das Renaissanceschloss, das aber nur 20 Jahre unversehrt blieb. Die Truppen Ludwigs XIV. eroberten 1689 Reifferscheid und zerstörten weite Teile des Burgortes. Es war die erste Eroberung in der Geschichte der Grafenherrschaft. Danach entstand das schon erwähnte Barockschloss auf dem Burgberg.

1805 wurde das Schloss Reifferscheid verstiegret, die Anlage als sSeinbruch genutzt.

Schließlich beschlagnahmten die napoleonischen Truppen 1794 Reifferscheid. 1805 wurde das Schloss versteigert, die gesamte Burganlage als Steinbruch für den Hausbau freigegeben. Erst 1889 ging die Ruine wieder in den Besitz des Fürstenhauses Salm-Reifferscheid über, das sie 1965 an die Gemeinde Hellenthal übertrug. Es sollte die Rettung des Burgortes vor dem totalen Verfall sein.

Denn das Reifferscheid mit seinen nur rund 30 Dauereinwohnern im historischen Burgort – einige Wochenendmieter kommen noch dazu – heute die beliebte putzige Idylle ist, kommt nicht von ungefähr. Genauer sind dafür mehrere kommunalpolitische Entscheidungen verantwortlich.

reifferscheid pfarrkirche von terrasse remise KopieBlick von der Terrasse des Cafés auf die Pfarrkirche. So wurde 1985 von der Gemeinde Hellenthal eine „Denkmalbereichssatzung“ für den Burgort beschlossen mit dem Ziel, die Siedlung in ihrer Gesamtheit und in ihrem Erscheinungsbild zu erhalten, zu sichern und wiederherzustellen. Ein in der Folge verabschiedeter städtebaulicher Rahmenplan schreibt den Hausbesitzern In der Freiheit, am Marktgässchen oder dem Zehntweg verbindlich Dachformen, Fenster, Türen, Fassadenanstrich und anderes mehr vor. Bis in die Gartengestaltung ist festgelegt, was erlaubt ist: In Vor- und Hausgärten sollen nur „traditionell für den rauen Eifelwinter geeignete“ Pflanzen verwendet werden. Etwa Schneeglöckchen, Narzissen, Ritterssporn, Astern, Ginster oder Ringelblumen.

reifferscheid blick vom bergfried 1 KopieBlick vom Bergfried Richtung Südosten: Wie Zwiebelringe schmiegen sich die Häuschen entlang der Vorburg und darunter des Zehntweges und der Gasse In der Freiheit unterhalb des Burgsporns an den Hang. Im Tal des Reifferscheider Baches der bürgerliche Ort. Mit diesem Konzept wurde Reifferscheid zu einem der Gründungsmitglieder der „Arbeitsgemeinschaft historischer Stadt- und Ortskerne in NRW“. Landesfördermittel flossen so auch für private Investoren bei einem aufgelegten Fassadenprogramm oder für ein „Kellerkataster“ um festzustellen, wo etwa am Marktplatz einst die Gastwirtschaft und andere Gebäude standen. Auch die Kosten zur Sanierung des Burgkellers und der Burgmauern wurden so bezuschusst.

Investitionen, die wie zuletzt für die nächtliche LED-Ausleuchtung der Reifferscheider „Skyline“, einem der bemerkenswertesten Burgorte der Eifel dienen. Bemerkenswert auch bezogen auf die turbulente Geschichte des Ortes zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert.

1385 wurde einer der Reifferscheider Burgherren beschuldigt, den Landfrieden "gröblich gebrochen zu haben".

1106 wurde die Burg Reifferscheid erstmals urkundlich erwähnt. Als Nachweis eines Verlustes! Heinrich Graf von Limburg und Herzog von Lothringen habe damals in den Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Heinrich IV. und dessen Sohn Heinrich seine Burgen Limburg und Reifferscheid neiderbrennen lassen, heißt es. Die Burg muss also schon vorher bestanden haben.

reifferscheid in den weihern pfarrkirche KopieBlick auf die Pfarrkirche St. Matthias vom Weg In den Weihern. In der Folgezeit machten die Herren und späteren Grafen, am Ende sogar Fürsten von Salm-Reifferscheid, auch als Raubritter von sich reden. 1385 wurde Johann von Reifferscheid beschuldigt, den Landfrieden „gröblich gebrochen zu haben“, so Paul Joachim Schmülling. Woraufhin der „Landfriedenbund“ mobil machte und gen Reifferscheid zog: Soldaten der Städte Köln und Aachen, des Erzbischofs von Köln, des Bischofs von Lüttich, des Herzogs von Jülich, der Herzogin von Brabant und andere Verbündete wollten dem offenbar Gesetzlosen in der unwirtlichen Nordeifel das Handwerk legen.

Die Belagerung sei allerdings abgebrochen worden, heißt  es, weil erstens der kalte Eifelwinter nahte, zweitens Gerüchte die Runde machten, Graf Reifferscheid habe Truppen zur Unterstützung gewinnen können, und drittens der gewiefte Machtpolitiker dem Bündnis die Einhaltung eines „Ewigen Landfriedens“ anbot. Er habe zudem versprechen müssen die Gefangenen frei zu lassen, und „alles unbezahlte Geld für quitt zu erklären“, so Schmülling. Dieser „Landfrieden“ hielt ganze acht Jahre, doch der „Landfriedenbund“ beließ es dabei.

An diese Geschichte kann man denken, bevor es im Reifferscheider Bergfried ins Treppenhaus hoch zum „Eifel-Blick“ von den Turmzinnen geht. Zuvor stolpert man fast über eine im Boden eingelassene vergitterte Öffnung. Das, so der Burgführer, sei „das ehemalige Angstloch“. Ein Kerker für Kaufleute oder Händler, gefangen genommen im Herrschaftsbereich der Reifferscheider Raubritter. Erst wenn ein Lösegeld bezahlt war, kamen sie wieder frei.

Mehr leicht gruselige Mittelalter-Romantik geht auf Burg Reifferscheid kaum. (sli)

Fotos: Stefan Lieser